Influencer InterviewKaro Kauer: "Die Arbeit von Influencern wird belächelt und unterschätzt"
Wer den Namen Karo Kauer hört, hat einen Look im Kopf. Einen, der nah am realen Alltag angesiedelt ist und sich durch lässige Jogger und Hoodies in Kombination mit Boots oder Blazern charakterisiert.
Aus diesem Look hat Karolina vor einiger Zeit ihre eigene Fashion Brand gemacht. Nun steht der nächste Big Step an. Karo Kauer Label kooperiert mit Peek und Cloppenburg Düsseldorf und lanciert heute eine exklusive Online-Kollektion für den Retailer.
Darüber haben wir mit Karo gesprochen. Und über ihren Alltag zwischen Chefin, Mutter und Influencerin. Am Ende verrät sie uns noch, welchen großen Traum sie sich erfüllen möchte - und der hat nichts mit Fashion zu tun.
styleranking: Deine Fashion-Brand Karo Kauer kooperiert mit P&C Düsseldorf. Warum ist das der nächste logische Schritt für dich?
Karo Kauer: Peek & Cloppenburg Düsseldorf ist mit der Idee einer Exklusiv-Kollektion auf uns zugekommen. Wir waren direkt Feuer und Flamme. P&C Düsseldorf ist ein großer Kunde von uns. Dadurch besteht bereits eine besondere Bindung. Wir sehen unsere Marke stark im Zusammenhang mit den anderen Marken, die dort vertreten sind. Hinzu kommt, dass P&C Düsseldorf toll aufgestellt ist, was den Online-Bereich betrifft.
styleranking: Was zeichnet diese Exklusiv-Kollektion aus?
Karo Kauer: In erster Linie spiegelt sie mich, aber auch P&C Düsseldorf wider. Die Zusammenarbeit spürt man! Es ist ein bisschen schicker als unsere eigene Kollektion, trotzdem spürt man Karo in jedem Teil.
styleranking: Denkst du, dass die Sehnsucht nach schicker Kleidung nach der Pandemie größer werden wird?
Karo Kauer: Auf jeden Fall! Wobei ich es ja liebe, im Jogginganzug zu leben und einen Jogger-Look stilsicher und klassisch zu kombinieren. Ich finde diese Zeit hat uns ein wenig gelehrt, dass man gemütlich, aber auch schick sein kann. Gerade das kann unsere P&C Düsseldorf-Kollektion verkörpern.
styleranking: Welche neuen Zielgruppen erreichst du mit der Kooperation?
Karo Kauer: In erster Linie P&C Düsseldorf-Kunden, die gefühlsmäßig vielleicht ein wenig älter und erwachsener sind, als unsere bisherige Zielgruppe. Das ist toll. Unsere Mode ist nicht nur für 25- bis 35-Jährige gemacht, sondern für die komplette Bandbreite. Ich glaube wirklich, dass jeder ein Teil bei uns finden kann.
"Ich möchte mich nicht verkleiden, sondern zeige meine Alltagslooks"
styleranking: Wie erklärst du denen, die dich nicht kennen, was deine Brand ausmacht?
Karo Kauer: Unser Design, unsere Brand charakterisieren die lässigen Looks, die sich schick kombinieren lassen. Alle Teile unserer Kollektionen lassen sich untereinander kombinieren. Es finden sich viele gedeckte Farben und oversized Schnitte. So können wir nachhaltig kombinieren und auch die Teile der vorherigen Kollektionen mit neueren Teilen zusammenbringen.
styleranking: Ist dir wichtig, dass deine Mode nah am Leben deiner Follower:innen und Kund:innen dran ist?
Karo Kauer: Das ist ein Aspekt. In erster Linie ist es aber so, dass es bei jedem Look, bei jedem Teil darum geht, ein Karo-Kauer-Teil zu entwerfen. Das heißt: Ich muss mich damit wohlfühlen. Es handelt sich um eine Influencer-Brand und damit ist die Kollektion um mich geschnitten. Ich möchte mich nicht verkleiden, sondern zeige meine Alltagslooks.
styleranking: Wie gelingt es, an sich selbst ständig neue Aspekte zu finden, die sich in neue Designs übersetzen lassen?
Karo Kauer: Ich glaube behaupten zu können, dass ich mit offenen Augen durchs Leben gehe. Mich inspirieren Stoffe oder auch mein Matcha Latte auf einem Marmortisch. Aus dieser Farbwelt ist ein Jogger entstanden, der bald kommt. Ich nehme aus allem eine Inspiration mit - auch aus meinen Kindern, weil sie so unbekümmert sind und Dinge kombinieren, die ich niemals kombiniert hätte. Sie greifen einfach in den Schrank. Natürlich gehe ich auch aktiv in die Inspirationssuche vor einer Kollektionsentwicklung und schicke alles an meine Designerin per Dropbox oder Pinterest Mood Board. Daraus entwirft sie dann eine runde Kollektion.
styleranking: Wie empfindest du den Austausch unter den Creator:innen in der Modewelt?
Karo Kauer: Ich habe viele Kontakte in dem Bereich, weil ich sehr offen bin und meine Erfahrungen teile. Ich versuche, alle um mich herum zu supporten! Wenn eine neue Influencer-Brand startet oder eine neue Kollektion erscheint, bin ich die erste die „Hier!“ ruft und unterstützt, indem ich die Sachen in einem Haul zeige oder sie kombiniere. Wenn ich Hilfe oder Tipps brauche, tauschen wir uns aus. Zu Beginn hatten wir zum Beispiel die große Frage „Verschicken wir selbst, bauen wir ein Lager auf?“ Da sind andere Blogger auf mich zugekommen und haben geholfen. Ich finde das nicht selbstverständlich, auch wenn es das für mich ist. Im Großen und Ganzen geht der Tenor dahin, sich gegenseitig zu unterstützen.
styleranking: Auf den ersten Blick könnte man denken, dass die Verknüpfung von Influencer:innen-Dasein und eigener Brand nur positive Aspekte mit sich bringt. Stimmt das?
Karo Kauer: Die Reichweite ist natürlich ein großer Benefit. Heißt: Die Kundschaft ist da. Normalerweise muss eine Brand ja erst mal eine Zielgruppe aufbauen. Viele folgen mir gerade wegen meines Stils, deswegen richtet sich die Brand an meine „Freundinnen“, wie ich meine Community gern nennen.
In einem Podcast wurde ich kürzlich gefragt, ob ich jetzt weniger Kooperationen bekomme. Ich habe aber weiterhin Kooperationen im Fashion Bereich. Ich kann natürlich nicht sehen, welche Anfragen wegfallen, weil ich eine eigene Brand führe. Ich bin aber wirklich happy und stehe jeden Morgen mit dem Gedanken auf: „Schön, dass ich das erleben und das machen darf, wo mein Herz drin steckt.“
"Ich musste lernen, in andere Personen zu vertrauen"
styleranking: Welche sind die wichtigsten Fähigkeiten, die du in deinem Unternehmerinnentum gelernt hast und was hätte man dir früher sagen können?
Karo Kauer: Ich habe gelernt, dass ich Aufgaben abgeben muss. Ich bin eine Macherin. Irgendwann kam ein Punkt, an dem es einfach nicht mehr ging. Ich musste lernen, in andere Personen zu vertrauen. Es hat ein wenig gedauert, bis ich Vertrauen in mein Team hatte und nicht mehr der Meinung war, selbst alles besser zu können. Das stimmt nämlich nicht. Ich konnte nicht auf 5.000 Hochzeiten tanzen und das ging nur mit einem superguten Team. Mittlerweile sind wir 39 Mitarbeitende.
Wir haben vor einem Jahr begonnen, das Wachstum ist enorm. Jetzt gilt es, Prozesse sauber zu organisieren. Das ist manchmal auf der Strecke geblieben. Wir müssen jetzt schauen, dass wir dieses schnelle Wachstum in den Griff bekommen. Diese Strukturen schaffen wir mit einem professionellen Logistik-Mitarbeiter, der uns berät.
styleranking: Was ist dir als Chefin bei deinen Mitarbeiter:innen wichtig?
Karo Kauer: Wenn wir ein Bewerbungsgespräch führen, bin ich die Einzige, die keinen Lebenslauf vorliegen hat. Ich sehe die Person beim Gespräch das erste Mal. Das Team filtert vorab. Mir ist es wichtig, dass die Person zum Team passt. Wir haben hier eine sehr familiäre Stimmung und ich hatte schon immer Angst davor, dass sich irgendwelche Grüppchen bilden und ich schlichten muss. Das ist bisher nicht der Fall. Das Menschliche steht an oberster Stelle, zusätzlich zur Arbeitsmoral. Wer Lust hat, arbeitswillig und motiviert ist, kann bei uns in allen Bereichen mithelfen.
styleranking: Nur jede:r dritte Gründer:in ist eine Frau. Was muss passieren, damit mehr Frauen gründen wollen und können?
Karo Kauer: Ich glaube, wir Frauen müssen mutiger werden und Ziele und Träume versuchen zu verwirklichen. Nur darüber zu sprechen bringt nichts. In der Vergangenheit habe ich gelernt, dass sich die wildesten Türen öffnen, wenn man einfach nur anfängt. Dass ich ein Label führe, hat viel Vorarbeit gebraucht. Deswegen bin ich der absoluten Überzeugung, dass man sich nichts einreden sollte, wie „Ich schaffe das nicht, ich habe eh keine Chance“ oder „Ich bin Mama und kann mich deshalb beruflich nicht mehr verwirklichen“. Natürlich braucht man Unterstützung. Ich habe sie und bin dankbar dafür. Ohne meine Eltern, die mich täglich unterstützen, könnte ich all das in dem Ausmaß nicht umsetzen.
styleranking: Begegnet man dir als weibliche Gründerin anders, als deinen männlichen Kollegen?
Karo Kauer: Dadurch, dass ich meinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern auf Augenhöhe begegne, ist unser Umgang sehr respektvoll. Ich habe tatsächlich noch nie negative Erfahrung gemacht, weil ich eine Frau bin. Ich weiß aber, wie wichtig dieses Thema ist.
styleranking: Du hast Verantwortung für viele Mitarbeitende, hast eine Familie, ein Haus, zwei Kinder, deinen Job als Creatorin. Wie gelingt es dir Kraft zu tanken?
Karo Kauer: Mein Tag hätte wirklich mehr als 24 Stunden verdient. (lacht) Meine Akkus lade ich mit den Kindern auf. Bei ihnen kann ich auch Kind sein, das gibt mir wahnsinnig viel Kraft. Meine zwei Mäuse inspirieren mich in jeglicher Form und das Kinderlachen, das Unvoreingenommene ist einfach schön. Wenn mein Körper sagt: „Bis hierhin und nicht weiter, es war zu viel Stress, zu viele Termine“ lege ich eine Zeit ohne Instagram-Stories ein. Meine Community versteht das und sagt: „Genieß deine Family Time, du hast es dir verdient“.
"Druck entsteht eher bei mir, weil ich die Leute inspirieren und einen Mehrwert schaffen möchte"
styleranking: Spielt Druck keine Rolle in deiner Community?
Karo Kauer: Wenn ich das vergleiche, kann ich voller Stolz sagen, dass meine Community sehr harmonisch, positiv und tolerant ist. Die Community unterstützt mich in all dem was ich tue und gesteht mir zu, dass ich meine Pausen brauche. Der Druck ist in meinem Fall nicht groß.
Druck entsteht eher bei mir, weil ich die Leute inspirieren und einen Mehrwert schaffen möchte. Manchmal denke ich: „Wen interessiert das eigentlich alles?“. Ich nehme die Leute in meinem Alltag mit und der wiederholt sich nunmal. Deswegen hoffe ich jeden Tag, dass das was ich täglich mache, meiner Community ein Lächeln ins Gesicht zaubert.
styleranking: Verstehen die Menschen mittlerweile besser, wie viel Arbeit hinter den Kulissen von Social Media abläuft?
Karo Kauer: Ja und Nein. Ich glaube, dass viele den Job nicht als richtigen Beruf wahrnehmen. Die Arbeit von Influencern wird belächelt und unterschätzt. Dabei handelt es sich zu 1000 Prozent um einen Fulltime-Job. Als Influencerin habe ich viele Freiheiten, kann meinen Alltag so einteilen wie ich möchte. Für diesen Arbeitsstil fehlt die Toleranz. Vielleicht hat es auch etwas mit Neid zu tun?
Ich glaube aber auch, dass von Influencer Seite manchmal schlecht kommuniziert wird. Wir teilen häufig nur die schönen Dinge, statt zu zeigen, was alles hinter den Kulissen passiert. Das ist total verständlich. Es kann aber sinnvoll sein, Einblick in den Alltag zu gewähren und zu sagen „Hey, ich muss drölftausend E-Mails beantworten, ich muss die Buchhaltung machen, ich muss mir Content überlegen.“ Natürlich sind das schöne Dinge. aber es ist Arbeit und sehr zeitintensiv. In der Kommunikation zwischen Influencer und Community ist es wichtig, Transparenz zu zeigen.
"Ich bin nicht naiv und weiß, dass das Influencer Business sehr schnelllebig ist"
styleranking: Was ist dir als Marke im Bereich Influencer Marketing wichtig? Wonach suchst du aus, mit welchen Influencer:innen du zusammen arbeitest?
Karo Kauer: Ich suche nach Personen, die zur Marke passen und den Stil tragen, den ich trage. Es macht absolut keinen Sinn, wenn sich jemand für mich verkleiden muss. Mir ist die Followerzahl egal. Ich habe aber natürlich Glück, dass ich mit vielen Content Creators einen guten Kontakt pflege. Die haben eine gewisse Reichweite, was aus Marketing-Sicht Sinn macht. So gewinnen wir auch neue Follower.
styleranking: Hast du noch Träume und Wünsche, die du dir in Zukunft erfüllen magst? Gibt es verrückte Ideen, die dir im Kopf rumschwirren?
Karo Kauer: Die verrückteste Idee ist tatsächlich, ein Bloggercafé zu eröffnen. Natürlich muss sich dazu die Corona-Situation entspannen.
Weiter möchte ich aus unserem Lager heraus eine eigenen Logistik aufbauen, sodass wir für andere mitverpacken und -verschicken können. So gestalten wir weitere Standbeine, die unabhängiger von mir sind. Die Unabhängigkeit von meiner Arbeit als Creatorin ist mir wichtig, weil ich die Sicherheit für meine Kinder möchte. Ich bin nicht naiv und weiß, dass das Influencer Business sehr schnelllebig ist. Ich weiß nicht, ob es morgen schon vorbei ist. Was, wenn Instagram gelöscht wird, ich nicht mehr gefragt bin oder Kunden nicht mehr mit mir arbeiten wollen? Deshalb ist es mir wichtig, aus der Reichweite heraus, Perspektiven zu erschaffen. Ich stelle jetzt meine Weichen für später.
styleranking: Vielen Dank für das Interview, Karo.