Video vs. Foto - Wohin entwickelt sich Instagram"Make Instagram Instagram again" - Das Aufbegehren der Creators gegen Instagrams Video-First-Strategie

28.07.2022 / 17:50 Uhr

Düsseldorf. 

Weißer Hintergrund, schwarze Schrift, ein eindringlicher Text: "Make Instagram Instagram again. Stop trying to be tiktok i just want to see cute photos of my friends." Gepostet hat diese Worte Tati vom Account illumitati. Bei 342k Follower:innen erreicht der Post 2,1 Millionen Likes, über 41k Kommentare, dazu unzählige Sharings auf der Plattform. Die zugehörige Petition liegt aktuell bei über 220k Unterschriften. Deutschsprachige Creators wie Frankie Miles, xskincare, Tommy Hey, Anuthida, Erik oder Hatice Schmidt liken den Beitrag von Tati. Internationale Social Media-Stars wie Emma Norton, Chase Keith oder Amanda Diaz kommentieren mit "Amen" oder "Please". Die Krönung: Kylie Jenner und Kim Kardashian teilen die Petition in ihren Stories.

Tati trifft einen wunden Punkt. Die Kritik an Instagram geht viral. So sehr, dass sich Adam Mosseri, Head of Instagram, in diesen Tagen öffentlich dazu äußert.

Wie lautet die Kritik?

Im Kern fordern Tati und zahlreiche Unterstützer:innen, dass sich Instagram vom Video-Fokus verabschiedet, die chronologische Timeline zurückbringt und Fotos wieder mit Engagement supportet.

Aktuell, so schreiben z.B. fabmusealin, James Charles oder Nuria, würden Creators vor allem deswegen so viele Videos produzieren, weil der Instagram-Algorithmus sie dazu dränge. James Charles, so berichtet auch miss.at, spricht in seinem Kommentar unter Mosseris Statement sogar von 90 Prozent weniger Performance auf Bildern.

Reels vs. Fotos: Viele Creators wünschen sich einen Alogorithmnus, der nicht nur Reels fördert. Copyright: Shutterstock

Was sagt Instagram zu den Vorwürfen?

Adam Mosseri sagt in seinem Statement-Video, dass sich Instagram an das User:innen-Verhalten anpassen würde, und deswegen den Fokus auf Video-Content lege. Die Nachfrage nach Bewegtbild sei deutlich gestiegen.

Ein klassisches Henne-Ei-Problem also. Produzieren Creators mehr Videos, weil sie sonst kein Engagement erlangen? Oder supportet Instagram Videos, weil das Angebot durch die Creators gestiegen ist? Instagram nimmt das Thema Videos zunehmend in den Fokus - das ist unbestritten. Schon beim InfluencerCafé Virtual Edition von styleranking im Mai 2020 sagt Heiko Hebig von Instagram: "Die Nutzung von Instagram hat sich in den vergangenen Jahren stark verändert. Seitdem ist Video der Wachstumstreiber über alle Funktionen weg."

Fotos, so Mosseri, würden trotzdem unterstützt werden, weil sie zur "Heritage" von Instagram gehörten. In der Kommentarspalte unter seinem Video mit über 7,2 Mio. Views zeigen sich davon auffällig viele Accounts mit blauem Haken wenig überzeugt.

Fakt ist: Instagram hat in der Vergangenheit nicht davor zurückgeschreckt, sich Erfolgsmodelle anderer Plattformen genau anzuschauen. Denken wir nur an die Story-Funktion, die eigentlich auf Snapchat ihren Ursprung hat. Auch die Instagram Reels ähneln TikToks sehr.

Fakt ist auch: 2021 wächst der Traffic von TikTok um 200 Prozent. Expert:innen rechnen damit, dass TikTok 2022 die Marke von 1,5 Milliarden Nutzer:innen knacken könnte. Schon längt ist TikTok ernstzunehmende Konkurrenz geworden.

"Dass Fotos also aus dem Sichtfeld verschwinden, kann niemand ernsthaft bestreiten. Fraglich ist: Kann Instagram so die Marktdominanz gegenüber TikTok erhalten, oder sollte die Plattform vielmehr auf die Wünsche ihrer Stars eingehen?", sagt Lisa-Marie Gerstensehr, Influencer Marketing Manager aus dem styleranking-Team. "Meiner Einschätzung nach handelt es sich hier um ein kurzes Aufbäumen der Creators, denn der Wunsch nach Video Content durch die Community wird nicht weniger werden. Zudem ist der finanzielle Druck, engaging Content zu produzieren, längst so groß, dass kaum jemand die Macht besitzt, sich dem Algorithmus dauerhaft
zu entziehen."

Was ist dran, an der Kritik?

Werfen wir also einen Blick auf die Perspektive der Creators. Video-Produktionen sind um ein vielfaches Aufwändiger, als das Erstellen von Fotos. Das bestätigen uns Influencer:innen in persönlichen Gesprächen schon lange. Nicht nur die Anzahl an relevanten Plattformen wächst, auch die Formate auf den einzelnen Plattformen potenzieren sich. Zudem steigt der Anspruch an die Qualität des Contents. Auch die Erkenntnis, nicht nur auf eine Plattform zu setzen, hat sich längt durchgesetzt.

Bedenken wir nun, dass nicht alle Creators mit umfangreichen Teams ausgestattet sind und gerade Newcomer in Produktion, Editing und Co. auf sich allein gestellt sind, leuchtet die Kritik vieler Creators ein. Dann geht es nämlich nicht nur darum, süße Fotos von Freunden zu sehen. Dann sprechen wir über Arbeitsaufwand, Karrierechancen und den Preis, den Creators künftig bereit sein müssen, für ihre Karriere zu zahlen.

Nun gilt zu beobachten, ob sich Instagram als mächtiges Social Media-Unternehmen durchsetzt oder ob die Copy-Paste-Strategie hier zum Erliegen kommt und sich Instagram als Alternative, statt als Variante von TikTok positionieren muss.

Ein sicherer Weg, die Community künftig zu weiter zu begeistern, sind eigene Innovationen aus dem Hause Meta/Instagram. Also Foto-Plattform hat Instagram die Online-Welt einst völlig auf den Kopf gestellt. Der Anspruch für ein Unternehmen dieser Größe muss also in Revolution statt Adaption liegen.

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