Marina Hoermanseder: "Der Hass auf Social Media kann mehr anrichten, als man glaubt"

Blonder Zopf, pinker Look, gute Laune - so kennen wir Designerin Marina Hoermanseder. Nach langen Monaten ohne physische Interviews treffen wir Marina in Köln - mit gebührender Vorfreude und gegebenen Sicherheitsmaßnahmen. Eingeladen hat Colgate. Die Brand setzt gerade im Rahmen der Colgate elixir eine Design-Kooperation mit einem exklusiven Hoermanseder-Entwurf um.

Ein spannendes Projekt, dass sich in eine bewegende Zeit einreiht. Marina wurde im vergangenen Jahr Mutter, wirkte - gleich mehrfach - beim Erfolgsformat Germany's Next Topmodel mit, war von Hate Speech und lernte den Support von Follower:innen, Freund:innen und Familie kennen.

Darüber haben wir mit ihr gesprochen. GNTM-Gewinnerin Alex war auch Thema. Ebenso wie ein mögliches Comeback der Fashion Shows.

styleranking: Wie ist es dir in den vergangenen Monaten ergangen?

Marina: Gut, vielen Dank! Wir sind momentan sehr, sehr busy. Wir waren Teil des Finales von Germany’s next Topmodel. Da waren wir stark im Einsatz, hatten sonst sehr viele Projekte und haben gerade auch noch ein Accessoire mit Colgate entwickelt. Nebenbei bin ich Ende letzten Jahres auch noch Mama geworden. (lacht) Ich bin froh, dass die vergangenen Monate so gut liefen.

styleranking: Wie haben die vergangenen Monate die Modebranche verändert?

Marina: Die größte Veränderung ist der Wegfall der Fashion Week, einer der größten Marketing-Hebel überhaupt. Ich sehe viele Ansätze für digitale Fashion Shows. Die sind aber nicht zu vergleichen mit den Emotionen, die bei einer echten Show transportiert werden. Für mich war die Fashion Week immer enorm wichtig - nicht nur zum Zwecke der Produktplatzierung.

Gleichzeitig sorgt diese Veränderung für eine gewisse Entschleunigung im Produktionsprozess, die ich sehr spannend finde. Ich habe mir schon lange gewünscht, das absolute Saison-Denken überarbeiten zu können. Die Branche ist weniger abhängig vom Handel, See-now-buy-now rückt in den Fokus. Zudem investieren Konsumenten in zeitlose Stücke. Diese Entschleunigung sehen wir von High Fashion bis hin zu Slow Fashion. Die Konsumenten möchten Geschichten hören und eine Verbindung zu dem aufbauen, was sie kaufen. Durchdachte und bleibende Mode wird relevanter und das passt perfekt zu meinem handwerklichen Konzept.

styleranking: Denkst du, dass klassische Fashion Shows zurückkehren?

Marina: Das wünschen sich viele, sobald es wieder möglich ist. Wir wollen den Zauber und die Magie von einem Runway erleben. Ich will nicht auf einen Bildschirm schauen und mir Kollektionen ansehen. Ich möchte Fashion riechen, sehen, erleben, spüren und feiern.

styleranking: Nimm uns mit in den Kreativ-Prozess der Colgate-Kooperation.

Marina: Im Zentrum steht ein Hero-Produkt. Das sind die rosafarbenen Elixir Gum Booster. Jeder weiß, dass ich Rosa liebe und am liebsten alles in diese Farbe tauche. Die Corporate Identity (kurz: CI) der Brands Colgate und Marina Hoermanseder passt perfekt zusammen. Ich wollte ein Accessoire entwerfen, das etwas mit der Zahnpasta zu tun hat. Wir haben mit Marina Hoermanseder noch kein Produkt fürs Badezimmer gemacht und deswegen hab ich mich dazu entschlossen, eine Kosmetiktasche zu designen - die weckt auch die Lust auf’s Reisen. Sobald man Zahnbürste und Zahnpasta einpackt, weiß man: Jetzt geht es wieder los!

styleranking: Deine Brand zeichnet sich durch eine sehr starke CI aus. Wie wichtig ist das für deinen Erfolg?

Marina: Karl Lagerfeld hat mal gesagt: “Ein Label braucht zwei Dinge, um erfolgreich zu sein: Ein gutes Logo und ein Wiedererkennungsmerkmal.” Dieses Wiedererkennungsmerkmal ist bei mir - eher durch Zufall - die Schnalle. Darin liegt für mich der Schlüssel zum Erfolg. Egal was ich mache - Kollektionsaufbau oder Kooperation - sitze ich nie vor einem leeren Blatt Papier. Das ist die größte Angst eines Künstlers und ich habe meine Schnalle als Rettungsanker, an dem ich mich immer festhalten kann.

styleranking: Wie wichtig ist dieser Wiedererkennungswert für deine Arbeit in den sozialen Medien?

Marina: Aus Markensicht sehr wichtig, weswegen ich auf Social Media immer wieder versuche, Produkte mit der Schnalle zu zeigen. Auf der anderen Seite sind persönliche Einblicke wichtig geworden. Die Follower wollen sehen, welche Personen hinter der Marke stehen. Die Entstehungsgeschichte der Produkte hat auch eine große Bedeutung. Relevant finde ich eine Balance aus CI, Emotionen und Geschichten.

styleranking: Wie viel von deiner Person bist du bereit auf Social Media zu zeigen?

Marina: Ich mache all das, wofür meine Eltern mich nicht verurteilen würden. (lacht) Ich teile aber relativ viel. Sogar einen Geburtsbericht gab’s bei mir - ohne Fotos natürlich. Mir ist wichtig, dass meine Follower an meinem Leben teilhaben und deswegen zeige ich mein Privatleben und meine Tochter.

styleranking: Wie nimmst du die Stimmung in den sozialen Netzwerken wahr?

Marina: Die Stimmung ist nach meinem Auftritt vor drei Monaten bei Germany’s Next Topmodel gekippt. Das war ziemlich heftig und hat sehr wehgetan. Es sehe keinen Grund, eine Person derart anzugreifen. Ich konnte meinen Frieden schließen, als ich gesehen habe, wer mir da geschrieben hat. Dabei handelte es sich nicht um bedachte, erwachsene Menschen, die Kritik üben. Das sind Personen, die in Wahrheit nach Hilfe schreien und auf Züge aufspringen, die dann eine eigene Dynamik entwickeln. Es handelt sich dabei um einen Schrei nach Aufmerksamkeit. Deswegen habe ich diese Angriffe in keinster Weise persönlich genommen - im Gegenteil. Ich habe gesehen, wie viele Menschen zu mir stehen. Auf jede negative Reaktion kamen zehn positive Kommentare und Nachrichten. Auch Heidi hat im Finale gezeigt, wie sehr sie zu mir steht. Diese Unterstützung hat mir viel bedeutet. Ich spreche mich stark für eine Reglementierungen auf Instagram aus. Ich setze mich dafür ein, dass User keine anonymen Beleidigungen und Bedrohungen verschicken können. Nicht jeder steckt das weg, wie ich. Der Hass auf Social Media kann mehr anrichten, als man glaubt.

styleranking: Was sagst du zu GNTM-Gewinnerin Alex?

Marina: Ich liebe Alex und bin ein Fan erster Stunde. Sie ist ein Phänomen und hat von Anfang an perfekt abgeliefert. Auch zwischenmenschlich und Backstage war sie immer professionell und lieb. Ich sehe sie als vielversprechendste High Fashion-Kandidatin der Staffel, wenn nicht von allen Staffeln bisher. Alex sehe ich in der Vogue. Ich bin auch ein riesengroßer Fan von Dasha. Sie hat mich vor allem auf einer persönlichen Ebene überzeugt. Dasha verfügt über ein Selbstvertrauen, von dem ich mir manchmal eine Scheibe abschneiden möchte. (lacht)

styleranking: Was bedeutet die Zusammenarbeit mit dem Format GNTM für dich?

Marina: Jede einzelne Woche geht es um Mode und darum, wie Mode präsentiert wird. Dieses Business ist mein täglich Brot und ich kann mich perfekt in diese Welt hineinversetzen. Außerdem möchte ich sehen, wer die Nachwuchsmodels in Deutschland sind. Ich bewundere Heidi für das Format GNTM - es ist riesengroß und total relevant. Gerade die Diversity-Staffel empfand ich als sehr wichtig. Das Format hat jungen Menschen gezeigt, dann niemand 1,80 m Körpergröße oder die Maße 90-60-90 mitbringen muss. Es geht um Ausstrahlung und Charakter und darum, wer man ist.

styleranking: Viele der Kandidatinnen feiern große Erfolge auf Social Media. Sie sitzen dann vielleicht an deinem Laufsteg, statt darauf zu laufen. Wann sind Influencer:innen für dich spannend?

Marina: Influencer müssen mich persönlich catchen - mit ihrem Humor oder Style zum Beispiel. Die Followerzahl ist an dieser Stelle unwichtig. Die Sympathie muss stimmen, da nutzen sonst eine Million Follower wenig. Gleichzeitig bewerte ich gewisse Dinge im Verhalten von Influencern. Wenn jemand undankbar ist oder grob mit meinen Sachen umgeht, bin ich rigoros und beende die Zusammenarbeit. Viele Follower sind kein Freibrief dafür, mit den Kreationen anderer unangemessen umzugehen.

styleranking: Professionalität ist dir also wichtig?

Marina: Anstand, Professionalität, Höflichkeit, Dankbarkeit - wie in jedem anderen Beruf setze ich das auch bei Influencern voraus.

styleranking: Viele internationale Stars haben deine Designs getragen. Wen würdest du gerne noch in deinen Entwürfen sehen?

Marina: Ich würde gerne ein elegantes und cooles Outfit für Meghan, Duchess of Sussex entwerfen. Sie ist mein Girl Crush und ich verehre sie. Ariana Grande würde ich gerne mit einem Show Outfit ausstatten. Wir sind ja nicht untätig im Atelier und ich gehe davon aus, dass wir sie auch noch knacken. (lacht)

styleranking: Dann drücken wir fest die Daumen! Vielen Dank für das Interview, Marina.