Christine Eggert: “Ich möchte mich gegenüber hörenden Influencern behaupten”

Outfit-Inspiration, der Alltag mit Kindern, Stories aus dem Leben - auf den ersten Blick entspricht der Instagram Account von Christine Eggert aka _chocosecret_ dem vieler erfolgreicher Elternblogger:innen. Auf den zweiten Blick aber wird klar: Christine nutzt ihre Reichweite auch, um wichtige Aufklärung zu leisten. Christine, ihr Mann und die beiden Kinder sind gehörlos. Der Instagram-Account von Christine ist nicht nur ein Ort der Leidenschaft für Mode, sondern auch ein Platz der Barrierefreiheit und Bildungsarbeit. In den Stories spricht Christine in Gebärdensprache, auf ihrem Account teilt sie Wissen und setzt sich für Inklusion im Alltäglichen, wie in den sozialen Medien ein. Davon hat sie uns im Interview berichtet.

styleranking: Erzähle uns etwas über dich und deine Familie.

Christine Eggert: Ich bin 30 Jahre alt, habe zwei Kinder und bin verheiratet. Meine Familie ist komplett gehörlos. Meine Kinder haben beide Cochlear-Implantate. Im Alltag leben wir in der stillen Welt mit Gebärdensprache.

styleranking: Was hat dich zu Social Media geführt?

Christine Eggert: Mode ist meine Leidenschaft und schon als Kind zeigte ich gern, was ich anziehen wollte. Ich bin kreativ und kann vielseitige Outfits kombinieren - das ist besonders spannend, weil ich eine petite Frau bin. Auf Social Media zeige ich außerdem meinen Alltag mit Kindern. Dazu spreche ich mit Gebärdensprache.

styleranking: Was ist dir als Mamabloggerin im Kontext von Kooperationen besonders wichtig?

Christine Eggert: Ich beziehe meine Kinder fast immer mit in die Kooperationen ein, ohne ihre Gesichter zu zeigen. Das spreche ich vorher immer ab, aber es gibt Brands, die deswegen ungern mit mir arbeiten. Ich stehe aber zu dieser Entscheidung und möchte nicht, dass fremde Menschen in die Gesichter meiner Kinder schauen.

styleranking: In deinen Instagram Stories kommunizierst du mit Gebärdensprache. Verfolgst du damit auch einen Bildungsauftrag?

Christine Eggert: Ja, denn die Gebärdensprache ist meine Muttersprache und meine Form der Kommunikation. Die Texte schreibe ich, damit auch Hörende verstehen können.

styleranking: Wie sieht die Kommunikation mit deinen Follower:innen zur Gebärdensprache aus?

Christine Eggert: Ich versuche stets, über die Gebärdensprache zu berichten und Wissen an meine Follower zu vermitteln. Zum Glück bekomme ich ganz selten Kritik, außer zu meiner Form der Gebärdensprache. Diese klingt ein bisschen anders, als andere Gebärden. Das liegt daran, dass jedes Bundesland anders gebärdet. Man kann es sich vorstellen, wie einen Dialekt. Die häufigsten Fragen aus der Community erhalte ich zu meiner Kleidung.

styleranking: Wie nimmst du das Thema Gehörlosigkeit und Gebärdensprache auf Social Media wahr? Sind diese Thema ausreichend repräsentiert oder wünschst du dir hier mehr Content?

Christine Eggert: Lange Zeit habe ich meine Gehörlosigkeit bei Instagram versteckt. Als ich mich dazu entschieden habe, das ganze öffentlich zu machen, waren alle begeistert und ich habe viele positive Nachrichten bekommen. Gehörlose verfügen über viele Talente, verstecken sich zum Teil aber noch. Ich zeige gerne offen die gehörlose Welt, teile, wie wir leben und inspiriere damit alle. Ich wünsche mir, dass hörenden Menschen sehen, wie ich lebe.

styleranking: Wie gehst du mit Kooperationsanfragen um?

Christine Eggert: Ich muss immer gut überlegen, ob die Marke zu mir passt, weil ich keine unnötige Kooperation annehmen möchte. Bisher habe ich 70-80 Prozent der Anfragen abgelehnt. Mir gefallen Themen wie Fashion, Family und Interieur.

styleranking: Welche Herausforderungen begegnen dir während deiner Arbeit auf Social Media?

Christine Eggert: Ich möchte mich gegenüber hörenden Influencern behaupten. Trotz meines Handicaps macht es mir sehr großen Spaß, mich zu zeigen. Klar, mir begegnen auch mal negative Meinungen bekommen, z.B. im Hinblick auf meine Grammatik. Das sind aber Ausnahmen.

styleranking: Welche Herausforderungen begegnen dir im Alltag als gehörlose Mutter?

Christine Eggert: Ich lebe wie jede andere Mutter auch. Manchmal wird es anstrengend, da mein Sohn z.B. jede Woche zur Frühförderung muss. Meine Tochter Emilie muss ich zwei mal in der Woche zur Logopädin bringen. Ich nehme viele Termine wahr, mein Mann arbeitet in drei Schichten und die Erziehung der Kinder liegt oft bei mir. Dazu kommt, dass ich einem Nebenjob nachgehe.

styleranking: Wenn deine Kinder mal Eltern werden sollten: Was soll sich bis dahin verändert haben?

Christine Eggert: Mir ist wichtig, dass die Gebärdensprache bleibt und vielleicht zu einem Schulfach wird. Dann wäre es möglich, hörende und gehörlose Kinder näher zusammen zu bringen. In Australien, wie ich gehört habe, gibt es das teilweise. Natürlich könnte sich auch durch technischen Fortschritt einiges verbessern.

styleranking: Vielen Dank für das Interview, Christine.