Mademoiselle Nicolette: "Ich habe keine Ambitionen, Menschen an meinem Privatleben teilhaben zu lassen"

"Ich spreche über Sexualität, ob ich darüber offen spreche, liegt im Auge des Betrachters. Ich spreche auf jeden Fall darüber und das ist ja schon eine Seltenheit", sagt Mademoiselle Nicolette in unserem Interview.

Mit ihrem Realtalk-Format Dirty Donnerstag hat sie einen absoluten Nerv auf Instagram getroffen. Das Erfolgsgeheimnis liegt nicht nur im Thema Sex und Beziehung begründet. Vor allem die ehrliche, amüsante und schlagfertige Protaginistin eroebert die Herzen ihrer Fans im Sturm. Während sie Donnerstags Fragen zu Beziehung und Schengele Mengele beantwortet, veröffentlicht sie vergangenes Jahr auch ihr erstes Kochbuch. Eine Serie bei TLC hostet sie außerdem. Ab dem 07. Juni ist sie beim Perfekten Dinner zu sehen.

Nicolette ist eine feste Größe in der deutschen Social Media-Branche. Wir wollten sie näher kennenlernen und haben nach Rezepten und Erfolgsrezepten, nach Toleranz und Selbstaktzeptanz gefragt.

styleranking: Social Media: Fluch oder Segen für dich?

Nicolette: Für mich sind die Sozialen Medien beides. Wahrscheinlich sind sie aber mehr ein Segen, weil ich dem Ganzen sehr viel zu verdanken habe: meine jetzige Lebenssituation, Karriere, Selbsteinstellung und - akzeptanz. Der Fluch ist wahrscheinlich, dass wirklich jeder eine Meinung zu dir hat, die auch kundgetan wird. Die Menschen sind distanzloser und mutiger geworden, weil sie sich hinter ihren Bildschirmen verstecken und so kräftig austeilen können. Social Media ist nicht für jeden etwas, aber wenn man mit dem Pro & Kontra klarkommt, ist das eine feine Sache.

styleranking: Selbstaktzeptanz wird in diesem Zusammenhang häufig als notwendig angesehen. Wie stehst du zu diesem Thema?

Nicolette: Da bin ich eher eine Patriotin, die sagt, dass es nicht gesund ist, das an jeder Ecke zu propagieren. Das setzt die Menschen nur unter Druck, wenn man davon ausgeht, dass die, die darüber sprechen, zu 100% mit sich selbst zufrieden sind. Deshalb bin ich eine große Verfechterin davon, dass man mit diesem Thema sparsam umgeht. Selbstliebe beginnt damit, dass man sich bewusst wird, welche Verantwortung man sich selbst gegenüber trägt. Ich bin dafür verantwortlich, dass ich glücklich bin, dass ich mit mir anständig umgehe und andere das ebenfalls tun. Wie genau das aussieht, obliegt jedem selbst. Der Eine lässt sich operieren oder geht zur Therapie, der Andere wird vom Storch gebracht und ist so mit sich zufrieden. Solange man sein Leben so gestaltet, dass man happy ist, dann hat das was mit Selbstliebe zu tun. Ich glaube nicht, dass es etwas damit zu tun hat, sich jeden Morgen im Spiegel anzuschauen und zu denken, ich muss jetzt alles an mir akzeptieren und darf nichts an mir verändern wollen.

styleranking: Nimmst du wahr, dass die Toleranz von Individualität gesellschaftlich wächst?

Nicolette: Ich glaube schon, dass unsere Gesellschaft auf einem guten Weg ist, in jeglicher Hinsicht toleranter zu werden. Es gibt so viele Stellen, an denen daran gearbeitet wird, weshalb ich da sehr zuversichtlich bin. Das geht nicht von heute auf morgen, aber es gibt sehr viele Menschen da draußen, die da ganz viel Motivation reinstecken. Das ist sehr wichtig und ich glaube fest daran, dass es besser wird.

styleranking: Du hast mit dem Dirty Donnerstag einen massiven Nerv getroffen. Womit erklärst du dir den Erfolg?

Nicolette: Ich glaube, ich verbinde da ein unterhaltsames, regelmäßiges Programm mit einem Thema, von dem sich niemand freisprechen kann - Sex, Liebe und alles, was damit zu tun hat. Ich spreche über das Single Dasein genauso wie über Beziehungen. Da kann sich keiner rausnehmen. Sex haben alle genauso, wie wir alle essen und schlafen. Wenn man das dann lustig verpackt und sich der eine oder andere vielleicht noch angesprochen fühlt, dann kann man damit etwas bewirken und ich glaube, dass der Dirty Donnerstag deshalb so gern gesehen ist.

styleranking: Du gibst den Menschen viel von dir, wenn du ihre Sorgen besprichst und Ratschläge teilst. Ist das manchmal kräftezehrend?

Nicolette: Ich gebe Menschen keine Ratschläge, sie fragen mich nach meiner Meinung. Ich bin nicht befugt, Ratschläge zu geben. Ich bin keine Therapeutin, kein Beziehungscoach oder habe die Expertise dafür. Ich sage Meinung und erzähle, wie ich mich in manchen Situationen verhalten würde und spreche vielleicht auch Empfehlungen aus. Kräftezehrend ist das für mich nicht, eher im Gegenteil! Es macht mich glücklich, dass Menschen mich nach meiner Meinung fragen und damit auch was anfangen können. Wenn mich das belasten würde, dann würde ich das Ganze nicht mehr machen.

styleranking: Instagram, dein Kochbuch, Kooperationen, Live-Auftritte, deine Show bei TLC und eine so intensive Auseinandersetzung mit den Gedanken, Sorgen und Nöten deiner Community: Wo findest du Oasen der Ruhe im Alltag?

Nicolette: Ich versuche so intim und privat zu sein, wie es nur geht. Das liegt aber auch im Auge des Betrachters. Manch einer würde sagen, über Geschlechtsverkehr zu sprechen, überschreitet die Intimsphäre. Für mich ist sie dann überschritten, wenn ich zeige, wie ich wohne. Ich spreche nicht über meine Beziehungen, über Freunde und Familie. Das mache ich nicht, ich versuche da sehr privat zu sein und das ist ein Schutzmechanismus, der seit vier Jahren sehr gut für mich funktioniert. Ich habe keine Ambitionen, Menschen an meinem Privatleben teilhaben zu lassen. Mir geht es viel mehr darum, dass Menschen dem Gehör schenken, was ich so zu erzählen habe. Was mich glücklich macht, sind berufliche Erfolge. Ich lebe sehr für meinen Beruf, für meine Berufung, weil es mir sehr viel Spaß macht, was ich mache. Genauso wie ich es genieße, alleine zu sein. Ich bin auch gern in Company, mit Familie und Freunden, aber ich mag auch meine Zeit mir mir alleine.

styleranking: Zu deinem Kochbuch: Warum hast du dich speziell für diese Ausrichtung der Küche entscheiden? Was macht deine Küche simple & sexy?

Nicolette: In meinem Kochbuch sind Rezepte, die wir vielleicht von Mutti oder von Oma kennen, die man aber sehr selten nachmacht. Kochen rückt ja leider in vielen Küchen immer weiter in den Hintergrund, das finde ich sehr schade. Der Grund dafür, dass viele sich nicht an Hausmannskost ran trauen ist, dass wir vermittelt bekommen, dass es sehr aufwändig und teuer ist, man viel Know-how braucht. Das ist aber nicht der Fall. Man kann alles im Leben modernisieren, genauso die Art und Weise wie man Rinderrouladen oder Gulasch zubereitet. Die Rezepte in meinem Kochbuch sind sehr einfach beschrieben und jeder kann sie nachkochen. Zum „Sexy“ im Namen bin ich gekommen, weil ich Kochen sexy, sinnlich und leidenschaftlich finde. Kochen hat etwas mit Hingebung zu tun und wenn das nicht sexy ist, dann weiß ich auch nicht.

styleranking: Wir sehen auf Instagram viele extreme Formen des Essens, die hauptsächlich auf Gesundheit ausgelegt sind. Findest du, dass wir die Sinnlichkeit des Essens vernachlässigen?

Nicolette: Ja. Die Sinnlichkeit des Essens wird vernachlässigt. Es gibt Menschen, die ernähren sich und es gibt Menschen, die essen. Sich ernähren bedeutet, ich stopfe etwas in meinen Körper, von dem ich vielleicht auch gesundheitlich und optisch noch profitiere. Es ist auch ein Unterschied, ob Menschen Essen zubereiten, das wäre der Vorgänger von „sich ernähren“, oder ob sie kochen. Ich muss jetzt irgendwas im Topf garen, damit ich es essen und kauen kann, damit der Körper was davon hat. Das hat aber nichts mit Leidenschaft zu tun. Kochen, Essen und Genießen, dass hat etwas mit Leidenschaft und Sinnlichkeit zu tun. Aber das gibt es leider nur noch sehr selten, weil viele Menschen es nicht kennengelernt oder wieder verlernt haben. Es gibt auch Menschen, die essen einfach nicht so gerne, das muss man auch akzeptieren.

styleranking: Wann ist Essen für dich sexy?

Nicolette: Sexy ist Essen, wenn es gut schmeckt, wenn es einem Freude bereitet. Es gibt Sachen, die esse ich und da kommen die tollsten Erinnerungen in mir hoch.

styleranking: Welche Rolle kann gutes Essen, gemeinsames Kochen, bei erfolgreichem Dating spielen?

Nicolette: Wenn man jemanden datet und er oder sie gerne isst, man vielleicht sogar etwas gekocht hat und damit einen Nerv trifft, dann kann man so ordentlich Sympathiepunkte machen. Ich glaube, beim Kennenlernen sind Gemeinsamkeiten immer sehr wichtig und da ist Essen ein ganz toller Indikator, um auf gemeinsame Themen zu kommen. Denn spätestens das Essen ist ja eine Gemeinsamkeit, die beide vielleicht sehr gerne machen.

styleranking: Kommt für dich ein Kostverächter als Partner in Frage?

Nicolette: Das habe ich schon gehabt und fand es sehr, sehr schwer. Natürlich freue ich mich über einen Partner, der gerne isst und vielleicht auch gerne isst, was ich gerne mag oder was ich koche. Alles andere kann ich mir schwierig vorstellen. Aber bisher habe ich alle zum Essen gebracht, das ist also die kleinste Hürde.

styleranking: Wie supportet deine Reichweite den Erfolg deines Buches und wie fällt das Feedback deiner Community dazu aus?

Nicolette: Ich glaube, mein Feedback allein bei Amazon spricht schon für sich. Ich bin Spiegel-Bestellerin gewesen, war auf sämtlichen Charts auf Platz 1 und ich glaube, dass das sehr viel über das Feedback meiner Community aussagt. Natürlich habe ich mein Kochbuch auch auf meinen Social Media-Kanälen vermarktet und beworben, das hat auch viel dazu beigetragen.

styleranking: Würdest du dich als Food-Influencerin bezeichnen?

Nicolette: Nein, ich sehe mich nicht als Food-Influencerin. Mich stört daran auch gar nichts. Ich finde das ganz toll, aber ich würde mich nicht als irgendeine bestimmte Art von Influencerin bezeichnen. Ich mache das, was mir Spaß macht.

styleranking: Du kochst mit Eiern, Fleisch, Käse: Ruft das auch Kritiker:innen auf den Plan?

Nicolette: Wenn es dafür mal Kritik gab, woran ich mich so gerade gar nicht erinnern kann, dann denke ich, teilt mir da jemand seine Meinung mit. Ich glaube, dass auch bei Vegetariern und Veganern das Buch sehr gut angekommen ist, weil es ja mittlerweile auch tolle Ersatzprodukte gibt. Das macht mich natürlich auch sehr, sehr happy!

styleranking: Könntest du dir vorstellen, den Bereich Food innerhalb deines Contents weiter auszubauen? Wenn ja, wie?

Nicolette: Nein, da sehe ich mich nicht zu berufen. Ich koche und esse zwischendurch, was die Menschen genauso seit vier Jahren sehen können und das ist für mich genug Schwerpunkt.

styleranking: Auf welche Projekte freust du dich in Zukunst am meisten? Welche Träume möchtest du dir bald erfüllen?

Nicolette: In erster Linie träume ich, wie alle Menschen zurzeit, von Normalität. Wenn die eintritt, dann kann ich weiter planen. Ich träume weiterhin davon, wieder auf Tour zu gehen und bin sehr happy, dass meine Lebenssituation so ist, wie sie ist. Wenn das die nächsten 30 Jahre so bleibt, dann wäre ich ein sehr erfüllter Mensch. Neben so Sachen wie Reisen und die Welt erkunden, möchte ich natürlich auch die Karriereleiter ein bisschen weiter aufsteigen. Was genau da passieren soll, kann ich so gar nicht sagen. Die Hauptsache ist, dass ich glücklich dabei bin und ich glaube, dass die Work-Life-Balance da immer im Einklang sein muss.

styleranking: Vielen Dank für das Interview, Nicolette.